Technische Basics

Gültige Trefferflächen sind im Fechten die Körperpartien und -teile, die man mit der Klingenspitze oder der Säbelschneide erreichen muss, um einen Treffer erlangen zu können. Treffer, die jenseits dieser gültigen Trefferfläche erzielt werden, zählen als ungültig. Für die drei Waffen wurden verschiedene Treffflächen festgelegt.

Trefferfläche

Florett
Beim Florettfechten ist nur der Rumpf gültige Trefferfläche. Kopf und Glieder gehören nicht dazu. Auch auf dem Rücken kann ein gültiger Treffer erzielt werden. Stöße, die auf einer an sich ungültigen Trefferfläche aufkommen, werden als gültig gezählt, wenn der Fechter durch regelwidrige Haltung die gültige Trefferfläche verdeckt (z.B.: Schützen der Trefferfläche mit unbewaffneten Hand).

Degen
In der Disziplin des Degenfechtens ist der ganze Körper einschließlich Schutzkleidung - also z.B. auch Handschuh, Maske, etc. - gültige Trefferfläche. Daher zählt jeder aufkommende Treffer; gleichgültig, auf welchem Teil des Körpers zwischen Scheitel und Fuß, der Kleidung oder Ausrüstung getroffen wird.

Säbel
Wie beim Florett gibt es auch im Säbelfechten eine Begrenzung der Trefferfläche. Dies umschließt alles, was oberhalb der Gürtellinie liegt, also auch Kopf und Arme.

Fechtstellung

Der Philosoph Ortega y Gasset hat das Wesen der Technik auf ein kurze, aber einleuchtende Formel gebracht: "Die Anstrengung ist es, Anstrengung zu sparen." Besonders im Sport führt der günstigste, die Körperkräfte rationell und effektiv ausschöpfende Bewegungsablauf zum erfolgreichen Ziel. Im Fechten, das trotz des Scheins ästhetischer Mühelosigkeit dem Kämpfer enorme Athletik und Ausdauer abverlangt, ist der Erfolg ohne Beherrschung der Technik ausgeschlossen. Präzise Bewegungen sind besonders ausschlaggebend, da sie Zeitersparnis bedeuten. Und wer schneller ist, der trifft und verteidigt besser.

Am Anfang des Gefechtes steht immer die Aufforderung des Kampfrichters ("En Garde"), die Fechtstellung einzunehmen. Sie ist die Ausgangsposition, die der Fechter mit der Waffe einnimmt. Sie bietet das optimale Gleichgewicht auf der Planche, das beim schnellen Vorwärts- und Rückwärtsbewegen notwendig ist, um nicht die Balance zu verlieren. Noch zwei weitere Gründe sprechen für die Fechtstellung: Sie bedroht den Gegner und bietet wenig Angriffsfläche für den Gegner.

Um die Grundstellung einzunehmen, stellt sich der Fechter entlang einer imaginären Gefechtslinie auf, wobei die Füße hierbei zunächst Ferse an Ferse in einem rechten Winkel zueinander stehen; der Oberkörper ist und bleibt aufrecht. Aus dieser Position wird die Fechtstellung eingenommen, indem zuerst die Waffe von unten nach oben in Linie gebracht wird, das heißt die Spitze muss etwa auf der Höhe der gegnerischen Schulter sein. Gleichzeitig wird der fechtfreie Arm nach hinten geführt und leicht eingeknickt; mit ihm kann das Gleichgewicht stabilisiert werden. Um dem Körper ein optimales Steh- und Bewegungsvermögen zu geben, wird ein Fuß um ungefähr zwei Fußlängen vorgesetzt. Bei einer gleichmäßigen Verlagerung des Körpergewichtes auf beide Beine geht der Fechter so weit in die Hocke, dass sich die Knie über den Fußspitzen befinden.

Der Ausfall

Der Ausfall ist die häufigste Offensivaktion des Fechters. Mit dem Ausfall ist es dem Fechter möglich aus der mittleren Mensur (die sich eben über den Ausfallabstand definiert) einen Treffer zu setzen.

Worauf man beim Training achten sollte
Im Training sollte nicht nur aus orthopädischen Gründen auf eine gute Ausfalltechnik Wert gelegt werden. Dazu gehört unter anderem eine korrekte Fechtstellung, bei der der vordere Fuß unbedingt nach vorne zeigen muss (und nicht z.B. leicht nach innen), damit man etwaige Bänderrisse etc. vermeiden kann. Auch muss das hintere Knie (des Standbeines) in der Endposition des Ausfalls vollkommen durchgestreckt sein, da es sonst sehr leicht zu Verschleißerscheinungen im beanspruchten Kniegelenk kommen kann.

Beim Üben sollte grundsätzlich auch der Waffenarm mit einbezogen werden, hängt der Erfolg dieser Aktion doch zu einem hohen Maße von der Koordination des gesamten Bewegungsablaufes ab. Vor allem die Anfänger des Fechtsports müssen dazu erzogen werden, den Ausfall immer mit der Streckung des Waffenarms zu beginnen.

"Die Hand führt den Fuß!"
Dieses Leitprinzip muss für den technisch guten Fechter an oberster Stelle stehen. Während der Anfänger noch krampfhaft daran denken muss und es oft vergisst, hat es der Fortgeschrittene schon internalisiert und braucht sich nicht mehr den Kopf darüber zu zerbrechen. Diesen Unterschied macht eben regelmäßiges Üben aus.

Bewegungsablauf
Der Ausfall wird durch die schnelle Streckung des Fechtarmes eingeleitet. Im Moment der optimalen Streckung erfolgt das Anheben des Ausfallbeines zeitgleich mit dem Abstoß des Standbeines, das wie ein Katapult den Körper nach vorn wirft und am Ende völlig gestreckt ist. Um diese heftige Bewegung auszugleichen und dem Gegner wenig Trefferfläche zu bieten, wird der unbewaffnete Arm nach hinten geöffnet.
Wichtig beim Ausfall: Die Wirksamkeit hängt von der Unvermitteltheit und dem richtigem Tempo und dann erst von der Schnelligkeit ab.

Paraden

Wenn sich zwei Fechter in gefechtsbereit gegenüberstehen, so schützt jeder seine Trefferfläche mit der Waffe. An der gegnerischen Klinge muss man vorbeikommen, um einen Treffer oder Hieb landen zu können. Da mit der Waffe nicht die ganze Trefferfläche abgedeckt werden kann, entstehen Blößen, die je nach Haltung von Florett, Degen oder Säbel geöffnet oder geschlossen werden.

In der Fechtlehre teilt man die gültige Trefferfläche in Viertel ein: Unterschieden wird in obere, mittlere, äußere und innere Blöße. Das Offerieren einer Blöße nennt man auch Einladung (oder Klingenlage), da der Gegner dazu verlockt werden soll, dorthin zu stoßen oder zu schlagen. Bei der Einladung ist der Arm leicht angewinkelt; die Klingenspitze muss nicht unbedingt auf die gegnerische Trefferfläche zeigen.

Im Fechtsport gibt es insgesamt acht Einladungen, die man durch Drehung der Faust und der Führung der Klinge erreicht und die mit den lateinischen Zahlen 1 bis 8 benannt sind.

Die Prim (Florett)
Aus der oberen Linie wird die Spitze gesenkt und dabei gleichzeitig der Waffenarm so verdreht, dass der Daumen nach unten zeigt. D.h. die Klingenunterseite zeigt am Ende dieses Bewegungsablaufes nach oben. Nun wird der Unterarm, so seitwärts bewegt, dass die Waffe die äußeren Blößen verdeckt.

Diese Seitwärtsbewegung die beim Rechtshänder nach links geht und beim Linkshänder nach rechts, wird durch eine entsprechende Beugung des Handgelenks - zum Körper hin - unterstützt. In der Endposition muss der kleine Finger der waffenführenden Hand nach oben zeigen, die Fingerspitzen alle nach außen und die Spitze nach unten. Die Prim schützt die beiden äußeren Blößen.

Die Prim ist schnell ausgeführt eine gute Generalparade, "sammelt" sie doch viele Klingen ein und ermöglicht auch das Parieren ganz knapp vor dem Körper - doch ist sie auf Grund der großen Bewegung nicht die schnellste Parade und muss daher gut geübt sein. Das birgt allerdings wieder die Gefahr sich auf diese vielseitig verwendbare und daher "angenehme" Parade zu verlassen und daher durchschaubar zu fechten.

Die Second (Florett)
Aus der unteren Linie (Daumen der Waffenhand zeigt nach oben, Spitze ist auf den vorderen Beckenrand des Gegners gerichtet) verdreht man den Unterarm bis der Daumen nach innen zeigt. D.h. der Rechtshänder dreht nach links, der Linkshänder nach rechts. (Diese Position bezeichnet man auch als erste Faustlage.)

Danach wird der Unterarm - durch Beugen des Ellbogengelenks - etwas an den Körper herangezogen, bis der Ellbogen ungefähr 10 - 15 cm vorm Körper ist. Einige gute Möglichkeit zur Überprüfung der richtigen Second liefert die Spitze. Wenn diese auf das hintere Knie des Gegners zeigt, kann man davon ausgehen, dass die eingenommene Haltung "so falsch nicht ist".

Die Second eignet sich gut zur Kombination mit der Quart auf Grund der ähnlichen Faustlage und dient vor allem zur Parade von Angriffen gegen die untere innere Blöße. Heutzutage wird sie jedoch seltener verwendet, da zu einem geraden Stoß, der Unterarm wieder zurückgedreht werden muss. Hier ist die Oktav einiges schneller, allerdings bei Gegner die stark opponieren nicht so sicher.

Die Terz (Florett)
Aus der unteren Linie hebt der Fechter die Spitze senkrecht nach oben. Dabei wird das Handgelenk ein wenig zum Körper gezogen und der Ellbogen gebeugt. Die Glocke darf höchstens bis auf Schulterhöhe gehoben werden.

Ähnlich wie die Sixt schützt auch die Terz die obere innere Blöße, allerdings wird sie eher selten verwendet, da die Sixt mit der Drehung der Hand nach außen, vielmehr der menschlichen Anatomie entgegenkommt.

Schöne Anwendungsmöglichkeiten der Terz gibt es vor allem bei der so genannten zweiten Intention. Der "Angreifer" kommt in unterer Linie oder gar gesenkter Spitze nach vorne (Achtung: Nicht vom Gegner überraschen lassen!) und wartet nur auf den Angriff in die obere innere Blöße. Im letzten Moment pariert der "Angreifer" mit der Terz, indem er einfach blitzschnell die Spitze - aus dem Handgelenk - gerade nach oben zieht. Danach kann er mit direktem Stoß abschließen.

Die Quart (Florett)
Im Zusammenhang mit der Quartparade spricht man auch oft von einer Naturparade. Greift man einen Fechtneuling, der noch keine Ahnung von Paraden etc. hat, so wird er in der Regel automatisch (von Natur aus) mit der Quart parieren.

Aus der oberen Linie zieht der Fechter den Unterarm bis etwa 10 cm vor den Körper zurück, wobei die Hand nicht viel gesenkt werden sollte. Der Unterarm zeigt also Richtung Hand leicht aufwärts, da der Ellbogen etwas weiter unten ist als die Hand. Danach wird der Unterarm ca 45° nach innen verdreht bis der Daumen in die Richtung zwischen oben und innen zeigt. Diese Faustlage bezeichnet man als die fünfte. Abschließend wird die Hand etwas weniger als körperbreit nach innen verschoben.

Bei guten Fechtern müssen die 3 oben beschriebenen Vorgänge natürlich flüssig in einem Stück von der Hand gehen. Der Bewegungsablauf wurde nur hier zur besseren Verdeutlichung zerlegt. Das darf beim Trainieren nur in der Anfangsphase stattfinden.

Wie schon erwähnt ist die Quart eine Naturparade. Da die meisten Fechter "automatisch" mit der Quartparade parieren, empfiehlt es sich die Finte bzw. Cavation gegen die Quart gut zu üben. Als Einladung gibt sie die beiden inneren und die äußere untere Blöße frei. Sie schützt also die äußere obere Blöße.

Die restlichen Paraden von Quint bis Oktav
funktionieren alle ähnlich wie vorhin beschriebenen, nur die Position der Klinge ist anders. Man kann aus jeder Parade in eine andere mit einer Parallelverschiebung der Klinge und / oder einer kleinen Kreisbewegung der Spitze. Was man auf keinen Fall nach einer Erfolgreichen Parade vergessen darf ist die Riposte!