Die Geschichte des UFC

1895: Luigi Barbasetti

Unter der Patronanz von Erzherzog Franz Salvator vollzog sich 1895 in Wien eine Reform des Fechtsports durch die Einführung der so genannten modernen italienischen Fechtmethode. Der Mann, der dieser neuen Fechtmethode in Wien zum Durchbruch verhalf, war der 1859 in Cividale di Friuli geborene Luigi Barbasetti. Er war von 1885 bis 1891 Fechtlehrer an der Scuola Magistrale in Rom. Später wurde er Fechtmeister des Triester Fechtvereins und trat auch dort bei einem Turnier an. Seine Fähigkeiten beeindruckten die am Turnier teilnehmenden Fechter aus Wien derart, dass sie sich erfolgreich bemühten ihn als Fechtlehrer nach Wien zu holen. Barbasetti folgte dieser Einladung und wirkte von 1894 bis 1915 in Wien als Fechtmeister.

Das besondere Verdienst Luigi Barbasettis war es, dass er durch seine in deutscher Sprache gehaltenen Fechtbücher ("Das Säbelfechten", "Das Stoßfechten", "Ehrencodex") der modernen italienischen Fechtschule den deutschen Sprachraum öffnete. Als Lehrer verstand er es, aus seinen Schülern die verborgendsten Kräfte hervorzuholen und seiner veredelten Fechtkunst nutzbar zu machen. Dieses Verdienst wurde durch die Verleihung des Adelstitels "Cavaliere" gewürdigt.

1895: Gründungsjahr

Am 1. Jänner 1895 eröffnete Luigi Barbasetti (später Cavaliere Barbasetti) seinen in Wien 1., Annagasse 3a (St. Anna Hof) gelegenen Fechtsaal, der über "elektrische Beleuchtung" und ein "Badezimmer" verfügte. Bereits am 18. Jänner 1895 wurden die Statuten des "Union Clubs" genehmigt, der das Ziel hatte, eine Heimstätte der italienischen Fechtkunst in Wien zu werden. Am 7. März 1895 beschloss die Generalversammlung die Änderung des Vereinsnamens in "Union Fecht-Club" (UFC), als Präsident wurde Alexander Prinz von Thurn und Taxis gewählt.

1905: Michael Neralic

Von 1905 bis 1908 war der 1875 in Slunj geborene Michael (Milan) Neralic Fechtmeister des UFC. Der, aus dem Wiener Neustädter Militär-Fecht- und Turnlehrkurs hervorgegangene Sportler galt damals als stärkster Fechter Österreich-Ungarns. Neralic gewann alle österreich-ungarischen Militärfechturniere im Säbel und Florett an denen er teilnahm. Einer seiner größten Erfolge war der dritte Platz im Säbelbewerb der Fechtmeister bei den Olympischen Spielen von Paris 1900. Ende März 1908 ging Neralic als Fechttrainer nach Berlin.

1912: Kaiserlich-königlich

Die Mitgliedsbeiträge waren relativ hoch, weil der Verein seine gesellschaftliche Exklusivität bewahren wollte. So zeigt eine Mitgliederliste vom März 1896, dass von seinen damals 45 Mitgliedern ein beträchtlicher Teil dem Hochadel angehörte. Aufgrund der hohen gesellschaftlichen Bedeutung des UFC bewilligte Kaiser Franz Josef am 23. Mai 1912 dem Club die Führung der Ehrenbezeichnung "kaiserlich-königlich" im Vereinsnamen, am 25. Jänner 1913 wurde dem "k. k. Union Fechtclub" auch die Führung des Reichsadlers im Vereinswappen bewilligt. Hierbei wurde vor allem berücksichtigt, dass der Verein, der damals 145 Mitglieder aus den "besten Kreisen der Gesellschaft" zählte, seine finanziellen Überschüsse "wohltätigen patriotischen Zwecken" zukommen ließ.

1914: Erster Weltkrieg

Leider verzögerte sich die Einbürgerung von Luigi Barbasetti in Wien. So war Barbasetti nach dem Kriegseintritt Italiens 1915 plötzlich "feindlicher Ausländer". Er verließ Wien, lebte viele Jahre in Paris und verbrachte seine letzten Lebensjahre in Verona, wo er am 31. März 1948 im Alter von 89 Jahren verstarb.

1915: Michael und Wilhelmine Neralic

Mit Ausbruch des ersten Weltkriegs musste Barbasetti Wien verlassen und der zurückgekehrte Michael Neralic wurde 1915 Fechtmeister des UFC. Mit ihm kam seine Frau, die 1885 in Frankfurt geborene Wilhelmine (Minna) Neralic, die ab November 1915 im UFC Frauenfechtkurse abhielt.

Nach dem Tod ihres Gatten (17.02.1918 in Wien), war Minna Neralic bis März 1919 neben Professor Julius Tronner Fechtmeisterin des UFC. 1922 heiratete sie den Universitätsfechtmeister Martin Werdnik, führte nach dessen Tod den "Fechtsaal Werdnik" alleine weiter, trat nach 55-jähriger Tätigkeit als Fechtmeisterin 1962 in den Ruhestand und verstarb am 19.02.1980.

Sie war die Trainerin ihrer berühmten Nichte, Ellen Müller-Preis (Olympiasiegerin 1926, Olympische Spiele 1936 und 1948 jeweils 3. Plätze, Weltmeisterin 1947, 1949 und 1950, 1935 und 1937 jeweils WM-Dritte), Traudl Ebert, verehel. Rother (Studentenweltmeisterin 1957, Olympische Spiele 1960 7. Platz) und Mitgliedern der österr. Nationalmannschaft bzw. Olympiateilnehmer (z. B. Helga Katlein, verehel. Ulrich, 3. Platz im Mannschaftsbewerb der Weltmeisterschaft 1957 und Dieta Kastner, verehel. Pfliegl).

"Frau Professor Werdnik", wie sie stets genannt wurde, war eine begnadete Pädagogin, die die Anlagen ihrer Schüler(innen) rasch erkannte und das Training völlig individuell auf jede einzelne Schülerpersönlichkeit abstellte. Sie vermittelte technisch perfektes Fechten als elegante, sportlich faire - vor allem aber geistige - Auseinandersetzung mit dem Gegner.

1918: Während des Ersten Weltkrieges

Während des Ersten Weltkrieges war der UFC der einzige Fechtklub in Wien, der ein regelmäßiges Training aufrechterhalten konnte, obwohl 80% seiner Mitglieder an die Front mussten. Nach dem Ende des Krieges übersiedelte der UFC nach Wien 1., Tuchlauben 3 und musste allerdings aufgrund der damals bestehenden Beleuchtungseinschränkungen seine Trainingszeiten ab Dezember 1918 in die Mittagszeit verlegen.

1920: Oberst Richard Verderber

Mitte der zwanziger Jahre galt der UFC als einer der sportlich und gesellschaftlich führenden Vereine Österreichs. Von 1920 bis kurz vor seinem Tod 1955 war Oberst Richard Verderber (geb. am 23.01.1884 in Gottschee/Krain) Fechtmeister des UFC.

Auch er, ein aus dem Wiener Neustädter "Militär- Fecht- und Turnlehrkurs" hervorgegangener Fechter, war vor 1914 sicherlich der erfolgreichste österr. Amateurfechter und feierte seinen ersten Erfolg 1908 mit dem Sieg im Säbel beim Grand Prix von Ostende. Im Mai 1911 gewann er den Florettbewerb beim großen internationalen Fechtturnier in Wien, bei der "glänzendsten fechterischen Veranstaltung, die je auf Wiener Boden stattgefunden hat".

Bei den Olympischen Spielen 1912 in Stockholm errang er im Florett-Einzel-Bewerb den 3. Platz, im Säbel Mannschaftsbewerb eroberte er mit der österreichischen Mannschaft hinter Ungarn den 2. Platz. Ab 1918 zog er sich vom Amateursport zurück und widmete sich gänzlich der Fechtlehrertätigkeit.

Die Früchte seiner Arbeit als Trainer des UFC zeigten sind bald mit vielen Erfolgen bei Staatsmeisterschaften. Für die Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in Berlin 1935/36 war er Trainer der österreichischen Fechtmannschaft. Bei diesen Spielen erreichte das UFC-Mitglied Frau Grasser den achten Platz, in der Florettmannschaft, die den 4. Platz belegte, standen vier UFC-Fechter. Auch die Säbelmannschaft, die den 5. Platz belegte, bestand aus drei UFC-Fechtern.

1938: Anschluss an das Deutsche Reich

Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich belegte der Union Fechtclub in der ersten großdeutschen Fechtmeisterschaft mit Roman Fischer einen 1. und mit Hubert Loisel einen 2. Platz.

Die nunmehrigen "Ostmärker" wären damit für die Olympischen Spiele in Tokio qualifiziert gewesen, der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges zerstörte diese Hoffnungen.

Nach Auflösung des Österreichischen Fechtverbandes wurde 1939 in Wien eine Fechtabteilung der "SS Sportgemeinschaft Wien" gegründet. Diese Sportgemeinschaft war von dem damals bekanntesten Leichtathleten Österreichs, Felix Rinner, ins Leben gerufen worden, der selbst auch Fechter war. Felix Rinner blieb langjähriges Mitglied im UFC und übernahm von 1955 bis 1968 die Präsidentschaft des Klubs.

1945: Während des Zweiten Weltkrieges

Während des Zweiten Weltkrieges übersiedelte der UFC in Wien 1., Renngasse 6, wo aber nur ein eingeschränkter Betrieb stattfinden konnte. Nach Beendigung des Krieges war der UFC der erste Fechtverein, der wieder seinen Übungsbetrieb aufnahm.

Schon im August 1945 hatte das Training begonnen, obwohl die Klubräume durch Bomben leicht beschädigt waren. Der Klubbetrieb wurde von Oberst Verderber geleitet, dem sich bald General Krätzer und Oberstleutnant Zaeckel als Trainer zugesellten, die letzten k. und k. Offiziere, die ihre Fechtausbildung noch aus der Wiener Neustädter Militärakademie hatten und eine solide Basis für die späteren sportlichen Erfolge ihrer Schüler legten.

1946: Nachkriegszeit

Den ersten internationalen Mannschaftspreis nach dem Krieg gewann das Trio Ellen Müller-Preis, Fritzi Filz, Inge Hartl verehel. Loisel (UFC). Viele Erfolge in Einzel- als auch Mannschaftsbewerben im Damen- und Herrenflorett, Säbel und Degen folgten in den nächsten Jahren bei Staatsmeisterschaften, internationalen Turnieren, Vergleichskämpfen, etc.

Oberst Verderbers erfolgreichste Schüler waren Paul Kerb und Helga Zuber (verehel. Gnauer). Paul Kerb war der erfolgreichste österreichische Florettfechter der Nachkriegszeit. So war er 1954, 55, 56, 58, österreichischen Staatsmeister in Florett, 1959 Staatsmeister in Florett und Säbel, belegte 1951 bei den Akademischen Weltmeisterschaften den 2. Platz in Säbel, 1952 bei den olympischen Spielen in der Mannschaft den 5. Platz, bei den akademischen Weltmeisterschaften 1953 in Säbel und Florett sowohl im Mannschafts- als auch im Einzelbewerb jeweils 2. Plätze. Von 1950 bis 1960 war er ständiges Mitglied der Nationalmannschaft, wo er an vielen Länderkämpfen und internationalen Turnieren teilnahm. Er war am 15. 5. 1955 wahrscheinlich der erste Staatsmeister des "Freien Österreich".

Die UFC-Mitglieder Helga Zuber und Inge Hartl waren in dieser Zeit ständige Mitglieder der Nationalmannschaft und haben die Farben rot - weiß - rot immer würdig vertreten. So erreichte Inge Hartl bei den Akademischen Weltmeisterschaften 1951 den 2. und Helga Gnauer den 5. Platz, im Jahr 1953 errang Dr. Inge Hartl-Loisel den 2. Platz. Der UFC hatte sich aufgrund der starken sportlichen Leistungen seiner Mitglieder einen hervorragenden Ruf als Fechtklub erworben und so konnte 1954 auch Ellen-Müller-Preis als Ehrenmitglied begrüßt werden.

Oberst Verderber hatte es verstanden als Lehrer, seinen Schülern das Wesen der Fechtkunst - abgesehen von der technischen Fertigkeit - als Überwindung des Gegners durch geistige und seelische Qualitäten zu vermitteln. Seinem Ruf als Lehrer war es zuzuschreiben, dass zu seinen Schülern ein Prinz des schwedischen Königshauses zählte, dass er an die finnische Militärakademie, an den vornehmsten Fechtklub in Kopenhagen gerufen und 1948 nach New York eingeladen wurde, um Fechter der USA für die Olympischen Spiele zu trainieren.

1955: Hauptmann Mehomed Resulovich

Nach dem Tod von Oberst Verderber (1955) übernahm der nach Österreich geflüchtete ungarische Hauptmann Mehomed Resulovich die Trainertätigkeit im UFC. Zunächst als Säbeltrainer eingesetzt, wurde ihm als Florett-Trainer Herwig Kastner von 1959 bis 1962 zur Seite gestellt.

Die Erfolge der UFC-Mitglieder setzten sich fort in Siegen bei Staatsmeisterschaften in allen Disziplinen sowohl in Mannschafts- als auch Einzelbewerben. (z. B. Helmut Resch, Staatsmeister im Herrendegen 1955, 1956, 1959 und im Säbel 1960). Die Damenmannschaft im Florett erreichte bei den Weltmeisterschaften 1957 den 3. Platz mit 2 UFC-Fechterinnen (Traudl Ebert, Maria Grötzer). Auch die Jugendarbeit trug ihre Früchte. UFC- Nachwuchs wurde zu Jugend-Weltmeisterschaften entsandt, im Damenflorett wurden Staatsmeistertitel in Jugendbewerben errungen.

UFC stellte Staatsmeistermannschaften vorwiegend in Florett und Säbel sowie in Damen-Florett, UFC-Mitglieder fanden sich in Nationalmannschaften aller Waffengattungen.1957 wurde Traudl Ebert Akademische Weltmeisterin.

Der UFC stellte alleine bei den olympischen Spielen 1960 in Rom 6 Olympiateilnehmer(innen). (Ebert, Gnauer, Kastner bei den Damen; Kerb, Loisel, Resch bei den Herren), wobei Traudl Ebert im Damen-Einzel den 7. Platz errang. Fritzi Filz (Mannschafts-Weltmeisterschaften 1935 2. Platz, 1936 3. Platz, Einzel-Weltmeisterschaft 1950 3. Platz), die nach der Auflösung des Wiener Fechtklubs 1961 in den UFC eingetreten war, übernahm in der Folge das Damentraining und vor allem das Jugendtraining, wobei sie viele Kinder von den ersten Fechtschritten bis zur Mitgliedschaft in der Nationalmannschaft brachte.

1982: Fechterische Erfolge

Etwa 1982 übersiedelte der Club auf Wunsch des Vermieters in ein Lokal im Erdgeschoß Wien 1., Wächtergasse 1.

In dieser Zeit gab es schöne fechterische Erfolge durch Georg Loisel (Sohn von Hubert und Inge Loisel), Georg Somloi, Richard Schiller und Merten Mauritz. So errang Georg Loisel 1977 und 1983 den Staatsmeistertitel in Florett, Georg Somloi siegte als Staatsmeister in Florett 1984, 1985, 1986 und 1988. Bei den olympischen Spielen 1984 belegte die Herrenflorett-Mannschaft den 4. Platz mit den beiden UFC-Fechtern Loisel und Somloi.

1988: Anja Fichtel-Mauritz

Das sportliche Aushängeschild des UFC war jedoch ohne Zweifel die deutsche Ausnahmesportlerin Anja Fichtel-Mauritz, Olympiasiegerin im Einzel- und Mannschaftsbewerb 1988. Sie belegte bei Europameisterschaften 2. und 3. Plätze und ging auch als "Masters-Siegerin" hervor. All diese Erfolge errang sie für Deutschland. In Österreich errang sie viele nationale Erfolge und trainierte den fechterischen Nachwuchs.

1994: Umzug

Im Herbst 1994 mußte der UFC wieder übersiedeln, diesmal in den 6. Bezirk, Hofmühlgasse 15, wo dem Klub im Hof ein zweigeschossiges Gebäude mit 2 Sportsälen und Sauna zur Verfügung steht.

Das prominenteste UFC-Mitglied jener Zeit war die Degenfechterin Elisabeth Knechtl, die 1991 bei der Junioren- Weltmeisterschaft den 3. Platz und im selben Jahr den Junioren-Weltcup-Gesamtsieg errang. 1993 wurde sie Weltcup-Gesamtsiegerin in der allgemeinen Klasse.

2000: Benny Wendt

Eine weitere, den österreichischen Fechtsport der letzte Jahre prägende Persönlichkeit ist sicher das UFC-Mitglied Joachim (Benny) Wendt. Er belegte im Florett bei den olympischen Spielen 1984 und 1996 jeweils den 4. Platz (mit der Mannschaft), den 4. Platz im Einzelbewerb bei den Weltmeisterschaften 1989 und den 5. Platz im darauf folgenden Jahr. Bei Europameisterschaften belegte er 1993 den 1. und 1994 den 3. Platz im Einzelbewerb und in der Mannschaft den 2. Platz 1998 und den 3. Platz im Jahr 2000. Er war 1996/97 und 1997/98 Weltcup-Gesamtsieger in der Mannschaft und errang 1997 bei den Weltmeisterschaften den 8. Platz. Benny Wendt nahm zwischen 1982 und 2001 5 Mal an Olympischen Spielen und 15 Mal an Weltmeisterschaften teil.